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- Die Zukunft von Führung: Von der Great Man Theory zu der Great Team Theory
Am Ende setzte sich die Erkenntnis durch, dass es einige Eigenschaften gibt, die zumindest mit erfolgreicher Führung zusammenhängen.
Great Man Theory – Führung als heroischer Akt Einzelner
Der Anspruch und die Fähigkeit Menschen für ein gemeinsames Ziel zu begeistern und auf dem Weg dieses Ziel zu erreichen zu motivieren und zu unterstützen beschäftigt Wissenschaft und Praxis gleichermaßen. Eine der ersten Führungstheorien basiert auf der Annahme, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die Menschen mit Führungsfähigkeiten von allen anderen unterscheidet. Diese Great Man Theory ist nach wie vor weit verbreitet und erfreut sich insbesondere in der populärwissenschaftlichen Literatur großer Beliebtheit, wie die Titel vieler Business Bestseller verraten. Was steckt hinter dieser Theorie?
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Bis heute gibt es keine allgemein akzeptierten universellen Führungseigenschaften
Die Suche nach den Eigenschaften, die erfolgreiche Führungspersönlichkeiten ausmacht begann mit einer Reihe von Studien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Stogdill (1948) kam beispielsweise zu dem Ergebnis, dass Zuverlässigkeit, Geselligkeit, Initiative und Selbstvertrauen Eigenschaften sind, die Führungskräfte auszeichnen. Weitere Wissenschaftler ergänzten die Liste um eine Vielzahl weiterer Eigenschaften (Kreativität, Maskulinität, Antrieb, um nur einige zu nennen), ohne jedoch das ersehnte Muster an sich wiederholenden und von anderen Wissenschaftlern bestätigten Eigenschaften zu finden. Am Ende setzte sich die Erkenntnis durch, dass es einige Eigenschaften gibt, die zumindest mit erfolgreicher Führung zusammenhängen. Judge et al. (2002) kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Persönlichkeitsmerkmale Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrung Eigenschaften sind, die positiv mit Führung zusammenhängen. Kognitive Leistungsfähigkeit und allem voran Intelligenz ist eine weitere Eigenschaft, die mit erfolgreicher Führung in Zusammenhang gebracht wird (Schmidt 2002). Der Traum der Great Man Theory universelle Eigenschaften zu finden, ist jedoch bis heute in der wissenschaftlichen Community umstritten.
Führung neu: Situation, Umfeld und Mensch im Mittelpunkt
Was ist nun das aktuelle Verständnis von Führung, wenn die Great Man Theory bisher nicht bestätigt werden konnte? Wie so oft im wirklichen Leben gibt es auf diese Frage keine einfache Antwort. Im Mittelpunkt aktueller Führungsansätze steht weniger der heroische Held, sondern eine Kombination unterschiedlicher Faktoren, die der jeweiligen Situation, dem Umfeld und dem Faktor Mensch Rechnung tragen. Wir haben wir euch im Folgenden einige der derzeit diskutierten Ansätze zusammengefasst.
Leadership Member Exchange Theorie (LMX): Führung als Interaktionsprozess
Nicht mehr ganz so neu, jedoch nach wie vor hoch im Kurs ist die LMX Theorie (Graen, Uhl-Bien 1995). Im Gegensatz zur Great Man Theory geht die LMX Theorie davon aus, dass Führung immer ein Interaktionsprozess zwischen zumindest zwei Personen (Leader und Follower) ist. In diesem Interaktionsprozess formt sich eine Beziehung zwischen den beteiligten Personen, die eine hohe oder niedrige Qualität haben kann. Die entscheidenden Kriterien für eine hohe Beziehungsqualität sind Respekt, Vertrauen und Verbindlichkeit. Je besser die Beziehung d.h. je höher die Beziehungsqualität, desto höher ist die Arbeitszufriedenheit, -leistung und das generelle Wohlbefinden (Gerstner, Day 1997).
Team Leadership Theorien: Wie aus eins plus eins drei wird
Die Zusammenarbeit in Teams, um mit vereinten Kräften gemeinsame Ziele zu verfolgen ist ein Ansatz, der mehr und mehr an Relevanz gewinnt. Führung bedeutet in diesem Zusammenhang Teams aufzubauen, für die gemeinsamen Ziele zu begeistern und weiterzuentwickeln (Hogan, Kaiser 2005). Eine besondere Rolle spielt dabei die Entwicklung einer Gruppenidentität, in der sich die einzelnen Teammitglieder wiederfinden. Gemeinsame Ziele als Teil der Gruppenidentität sind ein Merkmal, dass Pseudo-Teams von richtigen Teams unterscheidet (WEST, LYUBOVNIKOVA 2012). Führung wird damit zu einem verteilten Prozess (Shared Leadership), der nicht nur von einer Person wahrgenommen wird, sondern im gesamten Team verankert ist. Damit steigt die Leistungsfähigkeit auf ein Niveau, das höher ist wie jenes der einzelnen Teammitglieder.
Authentische Führung: Moral, Ethik, Selbsterkenntnis und positive Psychologie
Neue Erkenntnisse im Bereich der positiven Psychologie, Motivationsforschung und die steigende Relevanz von ethischen und moralischen Fragestellungen sind in einen neuen Führungsansatz eingeflossen (Avolio et al. 2009). Authentische Führung beschreibt ein Führungsverhalten, dass eine stabile und gefestigte Persönlichkeit voraussetzt, die einen hohen moralischen und ethischen Anspruch verfolgt und auf eine positive Weiterentwicklung von Teams und Organisationen abzielt. Damit verbindet authentische Führung neue Erkenntnisse über die Wirkung positiver Emotionen auf Menschen und Elemente mit bereits etablierten Führungsansätzen wie ethischer und transformationeller Führung in einen neuen vielversprechenden Ansatz.
Fazit
Glaubt man Hollywood und der Business Literatur ist erfolgreiche Führung das Ergebnis einzelner großer Charaktere, die Organisationen mit ihren heldenhaften Taten zum Erfolg führen. Wie wir euch in diesem Blog vorgestellt haben, ist dieses traditionelle Verständnis von Führung mittlerweile überholt. Stattdessen gewinnen Ansätze, die den Faktor Mensch, das Umfeld und die jeweilige Situation mit in Betracht ziehen mehr und mehr Bedeutung. Was sind eure Erfahrungen zu dem Thema Führung in der Praxis?
Literatur
Avolio, Bruce J.; Walumbwa, Fred O.; Weber, Todd J. (2009): Leadership: current theories, research, and future directions. In Annual review of psychology 60, pp. 421–449. DOI: 10.1146/annurev.psych.60.110707.163621.
Gerstner, Charlotte R.; Day, David V. (1997): Meta-Analytic review of leader–member exchange theory. Correlates and construct issues. In Journal of Applied Psychology 82 (6), pp. 827–844. DOI: 10.1037/0021-9010.82.6.827.
Graen, George B.; Uhl-Bien, Mary (1995): Relationship-based approach to leadership. Development of leader-member exchange (LMX) theory of leadership over 25 years: Applying a multi-level multi-domain perspective. In The Leadership Quarterly 6 (2), pp. 219–247. DOI: 10.1016/1048-9843(95)90036-5.
Hogan, Robert; Kaiser, Robert B. (2005): What we know about leadership. In Review of General Psychology 9 (2), pp. 169–180. DOI: 10.1037/1089-2680.9.2.169.
Judge, Timothy A.; Bono, Joyce E.; Ilies, Remus; Gerhardt, Megan W. (2002): Personality and leadership. A qualitative and quantitative review. In Journal of Applied Psychology 87 (4), pp. 765–780. DOI: 10.1037//0021-9010.87.4.765.
Schmidt, Frank L. (2002): The Role of General Cognitive Ability and Job Performance. Why There Cannot Be a Debate. In Human Performance 15 (1-2), pp. 187–210. DOI: 10.1080/08959285.2002.9668091.
STOGDILL, R. M. (1948): Personal factors associated with leadership; a survey of the literature. In The Journal of psychology 25, pp. 35–71. DOI: 10.1080/00223980.1948.9917362.
WEST, MICHAEL A.; LYUBOVNIKOVA, JOANNE (2012): Real Teams or Pseudo Teams? The Changing Landscape Needs a Better Map. In Industrial and Organizational Psychology 5 (1), pp. 25–28. DOI: 10.1111/j.1754-9434.2011.01397.x.
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